PFANNENSTIEL: WALDSTRATEGIE 2050 SOWIE NOVELLIERUNG DES BUNDESJAGDGESETZES
Jagd als “Waldschutz” – Prof. Dr. Pfannenstiel fasst den derzeitigen Verfahrensstand (soweit bekannt) zur Waldstrategie 2050 sowie zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes
wie folgt zusammen:
Zum derzeitigen Verfahrensstand (soweit bekannt):
Es gibt einen Entwurf des Kapitels Wald/Wild in der Waldstrategie 2050, zu dem derzeit Stellungnahmen abgegeben werden können.
Zur Rechtsnatur der„Waldstrategie 2050“
In der genannten Drucksache führt die Bundesregierung zu Frage 16 u. a. aus:
„Die Waldstrategie 2050 wird dem Bundeskabinett zur Entscheidung vorgelegt. Eine Befassung des Bundestages ist rechtlich und formal nicht vorgesehen. Nach Beschluss des Bundeskabinetts wird die Waldstrategie 2050 auf der Internet-Seite des BMEL veröffentlicht.“
Im Koalitionsvertrag CDU/CSU und SPD heißt es zur Jagd lediglich:
Wir erkennen die Jagd als nachhaltige Nutzungsform an und wollen sie weiterhin stärken. Wir werden bundeseinheitliche Regelungen für eine Zertifizierung von Jagdmunition mit optimaler Tötungswirkung bei gleichzeitiger Bleiminimierung, einen Schießübungsnachweis, die Jäger- und Falknerausbildung sowie –prüfung schaffen.
Aus den unter Ziffer 2) genannten Eckpunkten stammen die nachfolgenden Textstellen:
S. 44:
Die Schalenwildbestände sind weiter angestiegen und mit ihnen die Jagdstrecken und die Wildschäden. Dies ist eine Folge der Eutrophierung der Ökosysteme, des vermehrten Anbaus von Mais, von mehr Deckung in Feld und Wald sowie unterschätzter Zuwachsraten, einem überholten Revier- und Prestigedenken sowie geringerer Fallwildzahlen durch mildere Winter.
S. 44
Ein weiterer Gesichtspunkt, der immer stärker in das öffentliche Bewusstsein rückt, ist die gestiegene Zahl der Wildunfälle (Hothorn et al. 2015). Diesbezüglich haben inzwischen verschiedene umfangreiche Untersuchungen gezeigt, dass die Hauptursache die gestiegenen Wildtierpopulationen sind, ….
S. 45
Ein zentrales Hindernis für ein effizientes Wildtiermanagement zur Verbesserung der Verjüngungssituation im Wald ist die Tatsache, dass die Jagdausübung vielfach in der Hand von Jägern liegt, die bei der Jagd Entspannung vom beruflichen Alltagsstress und Erholung in der Natur suchen und dem Waldzustand gegenüber der Jagd keinen Vorrang einräumen. Diese Ausrichtung wird durch Lücken in der heutigen Jagdgesetzgebung erst ermöglicht (Ammer et al. 2010). Diese basiert in ihrer Ausrichtung nach wie vor auf Anliegen des Reichsjagdgesetzes aus dem Jahre 1934, das weder wichtige wildbiologische Zusammenhänge, Tierschutzaspekte, Biodiversitätsanliegen noch effiziente Kontrollen der Wildtierbestände kannte, sondern die Hege und den Aufbau attraktiver Wildtierpopulationen anstrebte. Hier muss es zu einer grundlegenden Neuausrichtung kommen, die die heutigen Erkenntnisse des Tierschutzes, der Wildbiologie, der Waldökologie und eines effektiven Wildtiermanagements zeitgemäß und differenziert berücksichtigt.
Ein Teil des Problems entsteht auch daraus, dass die Wildschäden im Wald (Wachstumseinbußen, Qualitätsverluste, Entmischung, Mortalität, Destabilisierung von Bergwäldern) anders als in der Landwirtschaft von den Jagdausübungsberechtigten meist nicht erstattet werden, sodass sie ihre Jagdkonzepte nicht auf eine Schadensminderung im Wald ausrichten. Um die verschiedenartigen Ziele von Waldeigentümern in Bezug auf die Jagd, vom Wald als Kulisse für Jagdfreuden bis hin zur Jagd als Instrument für eine artenreiche Waldverjüngung befriedigen zu können, sollte man sich vom Leitbild eines mittleren Managements mit all den heute gebräuchlichen undefinierten Begriffen wie „landeskulturellen Bedürfnisse“, „gesunder Wildbestand“, „ausgeglichenes Geschlechterverhältnis“ verabschieden und diese durch moderne Ziele aus Erkenntnissen der Wildbiologie, des Tierschutzes und der Waldökologie ersetzen.
Wegen der Vorschläge wird auf die Seiten 46 und 47 verwiesen, die damit enden, dass das Monitoring der Wildbestände durch die Forstämter erfolgen soll.
In dem Entwurf BMEL zur Waldstrategie 2050 heißt es:
(Ob die Aufzählung der Maßnahmen vollständig ist, ist ungewiss, weil die Seite 3 leer ist, die Eckpunkte aber weitere Maßnahmen enthalten, z.B.:
Zulassung weiterer technischer Methoden, die die Jagd tierschutzgerechter und effizienter machen.
Ø Verbesserung der Rahmenbedingungen für großräumig angelegte Bewegungsjagden und Entschärfung der Regelungen im Fall überjagender Hunde.
Ø Bestehende gesetzliche Regelungen, die sich aus dem Hegegedanken des Reichsjagdgesetzes ableiten, sind aus dem Jagdgesetz zu Gunsten wildbiologischer und ökologischer Erkenntnisse zu entfernen.)
Folgerungen:
Ziel dieser Waldstrategie ist die Trennung des Jagdrechts vom Eigentum an Grund und Boden, womit sich dann auch die Frage der Jagdbezirke erledigt.
Da § 3 BJagdG eine einfachgesetzliche Bestimmung ist, wäre dies wohl durchaus möglich. Die Sichtweise (Jagd ist Bestandteil des Waldschutzes – da kommt Eigentum schon nicht mehr vor) entspricht dem bereits.
Pflanzenfresser stören, insbesondere deswegen, weil sie tatsächlich außerhalb der Vegetationszeit auch noch was zum Fressen brauchen! Im Hinblick auf die ganzen Abkommen zur Biodiversität eine schon eigenwillige Sichtweise.
Dass nun auch die Krautschicht zu dem vor Wildverbiss zu schützenden Bewuchs gehört, ist eine weitergehende Betrachtungsweise des BMEL.
Wenn die Jagd „nach dem Stand der Technik“ weiterentwickelt werden soll, dürfte das erklärungsbedürftig sein. Von welchem „Stand der Technik“ (des Tötens?) ist da die Rede?
Anmerkung:
Jagd als Wirtschaftsfaktor (z. B. Jagdpacht, Wildschadenszahlungen, Arbeitsplätze für Jagdkleidung, – autos pp.) spielen keine Rolle
Wildbret als Lebensmittel ebenfalls nicht.
Daraus könnten sich folgende
Fragen an Bundestagsabgeordnete
ergeben (dabei stellt es sich als Problem dar, dass der Inhalt der Novelle nicht bekannt ist):
Was wurde dazu zwischen den Koalitionspartnern vereinbart? (Diese Frage richtet sich nur an die MdBs der CDU und SPD)
Falls Sie das bejahen: was sind die Gründe dafür und wer legt diese fest?
Wenn ja, warum und wie hoch schätzen Sie die dadurch entstehenden und aus Steuergeldern zu finanzierenden Kosten ein?
Welche Behörde würde das beaufsichtigen sollen?
Wenn ja, welche konkreten Fälle liegen dem zu Grunde?
Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel